Donnerstag, 31. Juli 2014

...

Die Aussichten

Ich frage mich seit geraumer Zeit, ob es wohl so eine Art Wetterbericht für das Leben gibt. Baby wird geboren, befindet sich noch im Kreißsaal auf Mamas Bauch und blinzelt ins Licht und hat kalt am Po. Und dann kommen, unsichtbar für die Anwesenden, quasi die Lebensfeen und schwingen ihre Zauberstäbe. Das kann ja ganz prima sein. Aber wenn die böse Malefiz im schwarzen Gewand auftaucht, kann man doch mal kurz ängstlich den Atem anhalten. Oder, weniger märchenhaft betrachtet, stelle ich mir einen krawattierten Nachrichtensprecher vor, der nach der Verlesung der letzten Weltkatastrophen sagt:
„ Und nun zum Wetter.“ Dann folgt die Stimme aus dem Off und beschreibt das, was Luftdruck kombiniert mit Jahreszeit etc. derzeit so anstellen. Und verlautbart dann:
„Die Aussichten: Mit emotionalen Erschütterungen ist zu rechnen.“
Und: „In Folge schwerer Unwetter kann es zu großen Verlusten kommen.“ Oder einfach: „Zieht euch `nen Stahlhelm auf, draußen herrscht Krieg!“
Damit kehrt er zurück zu den Nachrichten.
Was bedeutet das nun für das Baby?
Dass es irgendwann im Leben Menschen verliert, die ihm nahestehen. Dass es den falschen Partner wählen wird.
Dass der nächste Typ oder die nächste Trulla auch ein Griff ins Klo sein wird. Dass die Kinder missraten. Dass der Job verlustig geht. Und zwar nicht nur einmal. Dass Freunde sich abwenden und es niemals herausfinden wird, warum.
Andere Möglichkeit: Es wird ihm ein stabiles Lebenshoch prognostiziert, welches dann auch eintrifft. Gesundheit, Liebe und Geld sind ihm beschieden.
Es gibt ja tatsächlich durchaus Menschen, in deren Leben alles heiter bis wolkig abläuft. Oder, wenn es mal kurz schauert, die noch auf hohem Niveau klagen können. Manchmal beneide ich sie. Aber ein wenig bemitleide ich sie auch: Wenn man die Tiefen nicht kennt, wie weiß man dann die Höhen zu schätzen? Wie kann man die Abwesenheit von Katastrophen bewerten, wenn man diese nie kennengelernt hat? Wie kann man Mitgefühl für Gescheiterte entwickeln, wenn man das Scheitern nie selbst erlebt hat? Wer weiß, was eine Kündigung und Arbeitslosigkeit bedeutet, welche Ängste dies hervorruft, wenn er immer in Lohn und Brot stand? Was bedeutet Krankheit für einen, der immer gesund war?
Bestimmt ist es angenehm, ohne Blessuren sein Leben zu durchschreiten. Eine gute Portion Glück und die Abwesenheit von Malefiz sind auch von Vorteil.
Die weitere Frage, die ich mir stelle ist, ob es wirklich DAS vorgegebene Schicksal, gibt, die Determination, die besagt, dieses Baby wird dann und dann einen Unfall haben, heiraten, sein Outing annoncieren, fünf Kinder bekommen, Bundespräsident oder Obdachloser werden. Und dann und dann wird es sterben. Ist das festgelegt? Eine uralte und auch eigentlich sinnfreie Frage. Die Antwort werden wir nie erfahren. Ist vielleicht auch ein kleines bisschen esoterisch. Manchmal denke ich schon, dass das Schicksal wie ein Berg vor einem steht und, egal wie sehr man kämpft und trickst, es unbesiegbar bleibt. Das ist die Vorbestimmung. Und dann drückt sich das Schicksal vielleicht so ein wenig in der Lebensgegend herum und fordert einen zum Kampf heraus-dann aber mit der Möglichkeit zu siegen. Wenn man dranbleibt. Und man kann den vermeintlich vorgezeichneten Weg doch noch beeinflussen. Positiv natürlich.
Und so wird manchmal aus einer, zunächst fälschlich als Misere betrachteten Situation, etwas Gutes. Das peilt man dann oft aber erst an einem fortgeschritteneren Kilometerstein des Lebens.
Und dann gleitet man, nach einem Monstersturm mit riesigen Wellen, wieder durch ruhiges Fahrwasser. Die angespannten Schultern senken sich und man beißt die Zähne nicht mehr aufeinander. „You can´t stop the rain from falling“ „You can´t predict the weather“. Irgendwoher kommen solche Sprüche.
Das mit dem Regen ist soweit klar. Aber an Wettervorhersagen glaubt man ja doch auch. Selbst wenn diese einem ja auch nur eine ungefähre Wahrheit oder Sicherheit vorgaukeln. Oder auch nur eine ungefähre Sicherheit bieten können.
Ich bin ganz froh, meinen Lebenswetterbericht nicht vorher gekannt zu haben. Wahrscheinlich hätte ich oftmals dem Fliegenden Robert nachgeeifert, hätte mein Schirmchen aufgespannt und wäre bei nahenden Miseren einfach auf und davon geflogen. Aber so läuft die Chose nicht. Und wer weiß, ob sich nicht doch mal ein stabiles Hoch auf der Wetterkarte der persönlichen Vita abzeichnet. Da kann man doch nochmal abwarten. Und eventuell machen auch Stürme richtig Gaudi, wenn man vernünftig ausgerüstet und gewappnet ist. Und ein Blitz kann mit kombiniertem Donnerhall ins Leben schlagen und einen mal so richtig wach machen. Adrenalin schießt hoch, Hirnzellen werden aktiviert, Leben wird in die Hand genommen. Juchheee, im Sturm surfen kann auch Fun sein!
Wetter ist immer. Leben auch.
Aber ich möchte bitte niemals DIESES Wetter erleben:
„It´s raining men“ Ein furchtbarer Song!
Aber heute wird ja auch die Sonne scheinen.
Sagt der Wetterbericht.
Ich freu mich drauf.
Stump (Gast) - 31. Jul, 10:46

Ein anregender Eintrag ...

Ich glaube nicht ans Schicksal. Denn die Menschen reagieren doch sehr unterschiedlich auf sogenannte Schicksalsschläge. Manche verzweifeln vollends, andere brauchen einfach nur eine Weile um ihre Wunden zu lecken und wieder andere gehen gestärkt aus ihnen hervor. Oder kann es Schicksal sein, wie man das Leben betrachtet und mit ihm umgeht? Ich glaube nicht. Wir sind die Summe unserer Gene, der Veranlagung, Erziehung, des Umfelds, der Erfahrungen ... Und dann ist da auch noch unser nicht zu unterschätzender Verstand, der, einmal voll entwickelt, zu einigem in der Lage ist.

Aber vielleicht macht Glaube im Allgemeinen und konkret auch der ans Schicksal, alles etwas leichter? Wäre es nicht manchmal angenehmer zu sagen:"Ich kann da gar nix für - das war Schicksal."? Sich ein wenig dahinter zu verstecken, anstatt sich etwas einzugestehen, was man lieber nicht wahr hätte?

Sind wir denn unseres Glückes Schmied, wie Volkes Mund behauptet? Sicher nur bedingt, da wir nicht alle Ereignisse bestimmen. Aber wir entscheiden, was wir mit diesen Ereignissen anfangen. Ja, manche muss man aushalten und es fühlt sich manchmal unerträglich an. Und anderen kann man letzten Endes etwas Gutes abgewinnen.

Vor allem aber kann man es sich meiner Meinung nach leichter machen, wenn man aufhört sich mit anderen zu vergleichen. In der Südsee ist besseres Wetter als hier? Na und!

Mit einem Kutscher ... :-)

mividaamarilla - 1. Aug, 12:25

Aber man vergleicht doch teilweise automatisch. Sonst gäb es keine Diäten, Frauenmagazine, dicke und dünne Autos...mal ganz platt gesprochen. Und einige kriegen ein wenig mehr Schicksal ab als andere, durch Kriege, Krankheiten, ungewollte Verluste etc. um es mal ganz dicke und plakativ aufzuzeigen.Und es kommt ja auch immer alles auf einmal! :-) Das kenne, glaube ich, viele von uns.
Aber klar, ist das Schicksal auch das, was man draus macht, ganz bestimmt. Und man lernt ja auch, besser damit umzugehen. Und daraus Lehren oder Gewinn zu ziehen. Das Leben ist schon eine
spezielle Sache. :-) Kutscher zurück!

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