We will ROCK you


Ich frage mich seit geraumer Zeit, ob wirklich alle Personen, die Röcke tragen, dies auch tun sollten. Gerade im Sommer offenbart sich ja, dass manches besser im Verborgenen bliebe, was an heißen Tagen bereitwillig zur Schau getragen wird. Das Thema ist ein alter Hut (oder ein alter Rock? Ha,Ha), taucht aber immer wieder gerne aus den Untiefen des Mode – und Ästhetikdenkens meines Hirns auf. Wenn ich also adipöses Geläuf in einem Minirock sehe, muss ich manchmal nach Luft schnappen. Und denken: „Oh, die traut sich was!“ Oder: „Wie schmerzfrei kann man sein?“ Und dann schäme ich mich meist sofort. Nicht nur für den vermeintlich schlechten Geschmack meiner Geschlechtsgenossin sondern auch für meine Gedanken. Denn, wer bin ich, dass ich darüber richten dürfte, wer was ab und in welcher Größe trägt? Und sage ich nicht auch oft und gerne, dass an `nem lecker Mädsche auch ruhig mal was dran sein darf und wir ja alle immer viel zu kritisch und streng mit uns selber sind? Doch, das tue ich. Und ich meine es auch so. Aber auch mein Empfinden hat Grenzen.
Röcke werden auch von schlanken Damen getragen. Wobei Schlanksein nicht immer simultan das Rasieren der Beine impliziert. Und auch schlanke Frauen sind teilweise cellulitär und besenreisergesegnet (ich weiß, wovon ich hier rede). Gut, so lange sich niemand vor mich oder hinter mich kniet um die Uhlandstraße in den blauen Verästelungen zu suchen, habe ich noch keinen Stadtplan auf der Haut. Trotzdem… Auch hier gilt also: Obacht! Innehalten! Hose oder Maxirock anziehen. Oder einfach drauf sch… was die Umwelt so sagt. Manch eine ist da ja schmerzfrei und unsereiner muss es dann ausbaden.
Aber Röcke sind per se ganz interessant. Viele Frauen tragen überwiegend Hosen. Ist ja viel praktischer, nix wird vom Winde verweht, auf dem Fahrrad gibt es keine überflüssigen Verrenkungen beim Auf – und Absteigen, damit mal ja keiner den Schlüpper sieht und die Bauarbeiter, die lüstern in ihren Straßenbauerdlöchern hocken, haben auch nix Anzügliches zum Pfeifen.
Wenn Frauen dann aber doch mal Röcke tragen, sind es meist die Modelle: Sportlich, praktisch, asexuell. Gerne genommen wird ein Jeansrock. Aus dem gleichen Stoff gebaut wie Amerika und wie der Rest der Garderobe der meisten Mädels, fällt es erst einmal kaum auf, dass das Blau heute gar keine Stoffbeine am Ende hat, sondern unten offen ist. Oh làlà. Ein weiterer guter Rockkamerad ist der Cargo-Rock. Das hat nix mit Paletten, Gabelstaplern oder Übergepäck zu tun, sondern mit den gleichnamigen Hosen, die aus einer Art twilligem Baumwollstoff in Erdtönen bestehen und an mindestens einer Seite eine aufgesetzte Tasche haben. Da kommt dann das Cargo rein. Oder so. Also wird an derart gestalteten Rocktagen von der Trägerin gar nicht so viel Mut verlangt, mal ohne Beinkleid herumzulaufen. Es ist im Prinzip alles wie immer, nur doch irgendwie anders aber harmlos. Noch harmloser wird es oft durch daruntergezogene Leggings. Im Winter ist das Ganze eh am praktischsten: Man kann alles, was einem am Bein stört, formschön in eine Strumpfhose packen und dann doch mal ein kurzes Röckchen tragen. Eine Strickstrumpfbux macht es harmlos, kernig oder mädchenhaft oder doch zumindest nicht allzu frivol. Und man friert auch nicht so schnell wie in Feinstrumpfhosen. Diese können so ein Outfit heben oder auch senken. Zum feinen Schurwollrock (z.B. Pencilskirt) sind sie adäquat, zum tweedigen Winterrock sehen sie allenfalls nach den Zeugen Jehovas aus.
Es verlangt einer Lady schon manchmal einen gewissen Heroismus ab, Röckchen zu tragen. Vor allem, wenn sie –also die Röcke (und auch die Mädchen) - aus dem Kontext gerissen werden. So sah ich vor kurzem ein Mangagirl in einer Art Schwesternuniform. Das Girl zog nicht nur ein Rollköfferchen sondern auch viele Blicke nach sich, denn die bunte Frisur, die hohen Hacken und der ständig hochrutschende Gürtel, der eigentlich ein Rock war, wirkten ohne die anderen Manga-Lemminge doch etwas allein und unpassend auf weiter Flur. Aber: Hut ab! Ich fand es tapfer, so zu seinem Style zu stehen. Entweder immer oder nie, find ich joot!
Zu wadenlangen Röcken, die geldgeile Modemacher immer mal wieder vom Speicher holen, soll an dieser Stelle nichts gesagt werden, denn jedes Wort für diese trutschigen Lappen wäre eines zu viel. Maxiröcke sehen gut aus zu Sandalen, langem Haar und jungen Gesichtern. Knieumspielt ist mein Liebling, zeigt nicht zu viel und nicht zu wenig und kann ab Vierzig (Jahren) so falsch nicht sein. Vielleicht auch schon ab Mitte dreißig. Schön sind auch “Schwingröckchen“ die bei jedem Schritt, den man tut, lustig hin und her schwingen und gute Laune verbreiten. Gleichgültig ob uni schwarz, bunt geblümt oder witzig kariert. Neulich auch mit Petticoat darunter gesehen. Das macht Spaß und sieht hübsch aus. Allerdings sollte man auch vor dem Tragen von Petticoats mal einen Vorder- und Hinterganzkörperspiegel bemühen. Nur so ein Tipp…
Und der kleine Freund, der bereits besprochene Minirock, sozusagen der Philipp Lahm unter den Röcken, was ist mit dem? Nun, auch dieser sollte ein wenig zur Gesichtsbeschaffenheit passen, ist meine ein wenig subjektive Meinung. Zierliche Damen jenseits der Fünfzig tragen ihn auch hin und wieder. Die Beine grazil aber eben nicht mehr ganz so knackig. Das Gesicht hübsch und eventuell auch “gut erhalten“. Aber nach meinem Dafürhalten korrespondiert ein Minirock mehr mit Jugend, erstem Verliebtsein oder von mir aus mit Studentenbude oder Hipsterstyle. Auch wenn die Beinchen vielleicht etwas pummeliger sein mögen. Die Message stimmt noch.
Gebräunte Beine sind sommers, ohne Strumpfhose, auch ein willkommener Hinkucker. Ach so, es regnet?
Egal, ich liege eh grade auf der Couch. Die Beine bedeckt von Schlumpfhose und Kuscheldecke.