Donnerstag, 24. Juli 2014

...

Essen, trinken, genießen. Genießen?

Ich frage mich seit geraumer Zeit, ob essen, trinken und genießen zusammengehören. Oder ob das für jeden gilt. Wir alle müssen essen und trinken, weil wir sonst binnen kürzester Zeit vor die Hunde gehen. By the way, können Hunde (und andere Tiere) essen bzw. fressen genießen? Hm…genüsslich Knochen abkauen mögen Hunde auch ganz gern. Aber schnell mal was vom Tisch klauen oder aus der Hand schnappen, das liegt ihnen auch. Zurück zu uns Humanoiden:
Von Fastenkuren einmal abgesehen, benötigt der Mensch regelmäßig Flüssigkeit und feste Nahrung und hat zumeist ein großes Interesse daran, sich etwas einzuverleiben.
Es gibt in dieser, unserer, gegenwärtigen Zeit, bekanntlich unzählige Fernsehkochshows, Foodmagazine, bestsellende vegane Kochbücher, gutbürgerliche Retro-Restaurants undsoweiter. Das Thema Essen ist wichtig, das Thema Ernährung insgesamt ist wichtig. Und (E)essen ist ja auch was Wunderbares. Oder ein guter Kaffee oder ein fein gezapftes Bierchen, ein köstlicher Smoothie (in meiner Kindheit gab es als vermeintlichen Höhepunkt nur Graninisäfte) oder Mango-Lassie –hat nix mit Collies zu tun – Dry aged Beef, strammer Max und Spaghetti Aglio Olio und und und. Man kann das alles endlos fortsetzen und langatmig darüber diskutieren, ob man sich vegetarisch, vegan oder sonstwie ernährt. Aber seine eigenen Vorlieben und vor allem Ess- und Trinkgewohnheiten hat nun einmal jeder ganz individuell in und an sich.
So schaue ich jedes Mal aufs Neue mit Entsetzen zu, wie Freundin M. ihren Milchkaffee vergewaltigt: Der zarte Milchschaum wird überzuckert und brutalst niedergeschlagen. Die Unterhaltung läuft weiter und der Löffel haut die laktatigen Bläschen platt. „Aua!“ denk ich mir da immer und schaue ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr hin. Auch furchtbar, wie manch einer seinen Schaumkuss (andere Bezeichnungen verkneife ich mir), verspeist:
Zwei, drei Mal macht das Mäulchen Haps! und der süße Traum ist gestorben. Aber das ist nicht das Schlimmste: Die Waffel bleibt übrig. Die Waffel! Hallo? Einen Schaumkuss muss man doch bitte genießen, und das geht so: Erst das Schokoladenküppchen vorsichtig mit den Zähnen abheben/abknabbern, den Schaum mit der Zunge herausnehmen oder von mir aus mit kleineren, bedächtigen Bissen das Ganze verinnerlichen. Und dann, zum Schluss, sich über die Waffel und den Restschaum daran freuen und diese mit mindestens zwei Bissen als Krönung dieser reichhaltigen Süßigkeit aufessen. Die Waffel übrig zu lassen ist doch Frevel, oder? Frevelhaft auch, wie manche ihre Toffifees naschen: Alles auf einmal in den Mund und sofort zerbeißen. Oder alles essen und die Nuss übrig lassen. Aaaaarrghh! Das kommt den Waffelübriglassern doch sehr nahe!
Und damit nochmal zurück zum Vorherigen: Den Schaumkuss zu zermanschen ist nur auf dem von meiner Generation geliebten „Matschbrötchen“ erlaubt. Brötchen aufschneiden, den braunen, weiß gefüllten Gesellen zwischen die beiden Hälften packen und dann dem erinnerungsgeschwängerten Geräusch des sacht platzenden Schokoüberzuges und dem leise zertetschenden Zuckerschaum lauschen bevor man dem Ding den Garaus macht. Das ist doch ein Genuss, oder?
Dieses Ritual alleine, darum geht es doch schon.
Essen hält Leib und Seele zusammen. Das weiß ich spätestens, seit ich mal längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen nichts essen konnte. Oder nur sehr sehr wenig. Irgendwann wird man durch das Loch im Bauch so leicht, dass man Angst hat, abzuheben. Aber da ist nix schönes daran. Man muss auch essen KÖNNEN. Man muss sich vor allem die Zeit dazu nehmen. In Ruhe hinsetzen, und, richtig, genießen. Wahrnehmen, was man da zu sich nimmt. Eine Binsenweisheit, die aber einfach stimmt. Essen hat mit Erinnerung zu tun und mit Neugier auf neue Geschmackserlebnisse. Manchmal darf es nur Brot mit Butter und Salz sein. Manchmal ungesundes Seelenessen. Mir sind Menschen suspekt, die nur Nahrungsaufnahme betreiben, gleichgültig, was sie da zu sich nehmen. Wie die Schnapp-Hunde! Wie viel geht einem da verloren? Wenn Essen aber die Hauptsache im Leben ist, stimmt wahrscheinlich auch vieles nicht. Innerliche, imaginäre (?) Löcher sollen damit gefüllt werden, reißen aber ständig erneut auf und schreien nach Nachschub. Essen als Liebesersatz und Heimwehtrost, das gibt es natürlich auch. Und ich kenne auch das. Wer noch?
Aber aus Appetit und Spaß essen ist was Feines!
Mit Freude sehe ich Freundin I. beim Speisen zu, sie kocht gerne und verdammt gut und kann sich außerdem so wunderbar über ein Spiegelei freuen, dass es eine Art hat! Das Eigelb, welches Sunny Side Up sein muss, klar, wird bis nach der Vertilgung des Eiweißes aufbewahrt, um dann komplett im Genießerschnütchen zu verschwinden. So was lob ich mir! Und generell finde ich: Einzeln gegessene Chips kommen irgendwie auch besser als die ganze Handvoll in den Hals geschüttet und nicht überall muss Ketchup drüber und selbstverständlich keine künstliche Monoglutamatmonster.
Und reinschaufeln ist nur bei größtem Hunger nachvollziehbar. Schlimm sind aber auch die Picker und Sezierer. Da verliert man doch die Lust, für so eine Bande zu kochen oder ihr auch nur beim Essen zusehen zu müssen.
Vorlieben gibt es, wie gesagt, sehr unterschiedliche. Ich werde sehr oft belächelt oder kritisch beäugt, wenn ich die GarnelenSCHWÄNZE MITESSEN möchte.
“Äh, du isst die SCHWÄNZE mit?“ „Yo!“ Also, das knurpsige Panzerende, wenn es nicht zu hart oder zu zäh ist. Yam, Yam! Und Wurstzipfel sind auch großartig! Ein vollkommen anderes Mundgefühl als die langweilig gleichförmig geartete Restwurst bieten sie einem, ebenso der Anfang und das Ende einiger Schokoriegel. Ja, ja, denkt doch dabei, was ihr wollt!
Fein ist es jedenfalls auch, mal lecker bekocht zu werden. Mit netten Menschen am Tisch zu sitzen und das sehr zu genießen. Oder auf dem Markt am Düsseldorfer Carlsplatz am indischen Stand etwas wunderbares, köstliches zu bestellen, die Gerüche einzuatmen, während die freundlichen Betreiber einem wat Nettes auf dem Teller zusammenstellen und der Speise mit einem zauberhaften Mango-Lassie-Getränk (da isset wieder) noch ein begleitendes i-Tüpfelchen aufsetzen. Dann lässt man sich in diesem schmalen, lebhaften Marktstandgang an einer Biergartengarnitur nieder, hört Englisch, Deutsch und einige andere Sprachen, kommt in Kontakt mit Gleichgesinnten, kann die Menschen und die anderen verlockend aussehenden Futterstände beobachten und den Magen mit Dankbarkeit (er-)füllen.
Ist das LECKER! Und rund. Und anders.
Und manchmal laufen da auch Hunde rum.
Es muss ja jeder selber wissen, aber: Ist es nicht ein Fest im Leben, dass es noch so viel zu genießen gibt?
Sag ich doch!
Stump (Gast) - 24. Jul, 09:33

Danke für das Kompliment hinsichtlich meiner Kochkünste, Liebes! :-)

Ja, Essen ist Leben und Genuss ... einfach herrlich. Und den Carlsplatz mag ich auch. Obwohl ich Herzhaftes oft bevorzuge, kann ich mich für die Produkte von "Törtchen Törtchen" begeistern: Klein, fein, mit Liebe gemacht.

mividaamarilla - 24. Jul, 14:50

ich wusste, hiermit würde ich bei dir ins Schwarze treffen, Stump! :-)
mividaamarilla - 24. Jul, 14:53

kenne ich noch gar nicht "live". Muss ich wohl auch mal hin...

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